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Michael-Additionspolymerisation

Die Michael-Additionsreaktion, auch konjugierte Addition genannt, ist eine vielseitige Methode zur Addition verschiedener Nukleophile an (konjugierte) ungesättigte Verbindungen mit elektronenziehenden Substituenten. Diese Reaktion wurde erstmals 1887 von Arthur Michael entdeckt.1 Sie ermöglicht die Synthese eines breiten Spektrums hochkomplexer Makromoleküle unter relativ milden Bedingungen und auf sehr effiziente Weise mit oft quantitativer Ausbeute. Grundsätzlich jedes Monomer mit aktivierter Doppelbindung wie α, β-ungesättigte Aldehyde/Ketone, Vinylester, Vinylsulfone, Imidazole und Maleinimide usw. kann eine Michael-Addition mit einem Nukleophil wie Thiol, Amin oder einem beliebigen stabilisierten Carbanion durchlaufen:

Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt von der Art des Nukleophils (Michael-Donor) und der aktivierten Doppelbindung (Michael-Akzeptor) ab und wird stark durch beeinflusststerische Behinderung. Beispielsweise reagieren aromatische Amine und Amine mit sperrigen Seitengruppen nicht oder nur langsam mit α,β-ungesättigten Verbindungen wie einfachen Vinylestern und benötigen eine starke Lewis-Säure2, während viele primäre aliphatische Amine und sekundäre Amine ohne sperrige Seitengruppen auch ohne Katalysator leicht mit Vinylestern reagieren. Zum Beispiel reagiert Diethyamin schneller als Dipropylamin, das wiederum viel schneller reagiert als Diisopropylamin.11 Aromatische Amine wie Benzolamin (Anilin) sind ebenfalls sehr schwache Michael-Donatoren, da der Phenylring eine starke elektronenziehende Gruppe ist, d.h. harte Reaktionsbedingungen sind erforderlich.12 Das gleiche gilt für die meisten Oxa-Michael-Additionsreaktionen wie die Addition eines Alkohols an eine En-Verbindung, die normalerweise einen starken Katalysator und höhere Reaktionstemperaturen erfordert. Typischerweise reagieren Schwefelnukleophile (auch Mercaptane genannt) (R-SH) schneller als sekundäre Amine (R-NH2), gefolgt von primären Aminen (R2NH) und Alkoholen (R-OH).10,11 Die Reaktionsreihenfolge kann sich jedoch ändern, wenn sperrige Substituenten vorhanden sind. Beispielsweise ist Cyclohexylamin ein stärkerer Michael-Donor als Diisopropylamin.11 Bei Michael-Akzeptoren nimmt die Reaktivität in der Größenordnung ab11,12

Beispielsweise weisen die meisten Methacrylate aufgrund der sterischen Wirkung der Methylgruppe eine wesentlich geringere Reaktivität auf als die meisten Acrylate und werden daher seltener als Michael-Akzeptoren eingesetzt.

Michael-Additionsreaktionen können zur Herstellung von Polymeren verschiedener Architekturen eingesetzt werden. Die Monomere dieser Art der Schrittwachstumspolymerisation sind Moleküle, die konjugierte Bisdiene und Bisdienophile (A-A- und B-B-Comonomere) enthalten. Ein bekanntes Beispiel ist die Addition eines Bisthiols an ein Bismaleimid:7

Michael-Additionsreaktionen wurden auch zur Herstellung von duroplastischen Harzen angewendet4. Ein Beispiel ist die aza-Michael-Addition eines Polyamins wie Ethylendiamin, Diethylentriamin (DETA) oder 1,3-Diaminopropan an ein Diacrylat.5,6 Diese Addukte unterliegen einer radikalischen Photopolymerisation, wenn sie UV-Licht ausgesetzt werden. Während der ersten Stufe wird eine unterstöchiometrische Menge an Amino- und Acrylatgruppen durch eine durch die bei diesen Reaktionen gebildeten tertiären Amine katalysierte Co-Michael-Addition partiell vernetzt.8 Die Zugabe erfolgt häufig bei Raumtemperatur. In der zweiten Stufe werden die Oligomeren durch radikalische Photopolymerisation der überschüssigen Menge an Acrylgruppen vollständig vernetzt (Dual Cure).

Referenzen & Anmerkungen
  1. A. Michael, Ueber die Addition von Natriumacetessig- und Natriummalonsaeureethern zu den Aethern ungesaettiger Saeuren, Journal fuer Praktische Chemie, Band 35, Heft 1, 349-356, 21.März 1887

  2. Eisenchlorid FeCl 3 und Aluminiumchlorid ALCL 3 sind ausgezeichnete Katalysatoren für die Addition von primären und sekundären Aminen an Acrylate mit nahezu quantitativer Ausbeute.3

  3. J. Cabral, et al., Jahrbuch für Geschichte, Vol. 30, Heft 30, S. 3969-3972 (1989)

  4. G. Gonzales, et al., Polym. Chem., 6, 6987-6997 (2015)

  5. Die Aza-Michael-Addition ist die Reaktion eines Amins mit einer elektronenarmen C=C-Doppelbindung.

  6. G. González, X. Fernández-Francos, A. Serra, M. Sangermanoc und X. Ramis, Polym. Chem., 6, 6987 (2015)

  7. Michael-Additionsreaktionen sind üblicherweise thermisch reversibel, was als Retro-Michael-Reaktion bekannt ist. Somit werden die Addukte bei erhöhten Temperaturen zu den Ausgangsverbindungen zurückkehren. Im Falle eines Bismaleinimids erfolgt die Reversion in der Nähe von 300°C. (US 20110152466)

  8. Da Amine sowohl als Nukleophile als auch als basische Katalysatoren wirken, sind Aza-Michael-Additionsreaktionen hocheffizient.

  9. K.A. Shooshtarim. These: Michael Addition von Aminen an α-β ungesättigte Ester, University of Missouri-Rolla, 2000

  10. Diehl, K., Kolesnichenko, I., Robotham, S. et al. Nature Chem 8, 968-973 (2016)

  11. A. Genest, D. Portinha, E. Fleury, F. Ganachaud, Progr. Poly. Sci., Vol. 72, 61-110 (2017)

  12. G.J. Noordzij, C.H.R.M. Wilsens, Vorderseite. Chem., Vol. 7, 729 (2019)

Überarbeitet am 26.April 2020

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