Die Medikalisierung der Gesellschaft
Im letzten halben Jahrhundert hat sich das soziale Terrain von Gesundheit und Krankheit verändert. Was einst als normale menschliche Ereignisse und häufige menschliche Probleme angesehen wurde — Geburt, Altern, Wechseljahre, Alkoholismus und Fettleibigkeit – werden heute als Erkrankungen angesehen. Zum Guten oder Schlechten durchdringt die Medizin zunehmend Aspekte des täglichen Lebens.Aufbauend auf mehr als drei Jahrzehnten Forschung untersucht Peter Conrad die sich verändernden Kräfte hinter diesem Trend mit Fallstudien zu Kleinwuchs, sozialer Angst, „männlicher Menopause“, erektiler Dysfunktion, ADHS bei Erwachsenen und sexueller Orientierung. Er untersucht die Entstehung und den Wandel der Medizinisierung, die Folgen des expandierenden medizinischen Bereichs sowie die Auswirkungen auf Gesundheit und Gesellschaft. Er findet in den jüngsten Entwicklungen – wie der wachsenden Zahl möglicher Diagnosen und biomedizinischer Verbesserungen — die zukünftige Richtung der Medikalisierung.
Conrad behauptet, dass der Einfluss von Medizinern auf die Medikalisierung abgenommen hat. Stattdessen sind die Pharma- und Biotechnologieindustrie, Versicherungsunternehmen und HMOs sowie der Patient als Verbraucher zu den wichtigsten Kräften geworden, die die Medikalisierung fördern. Diese zum Nachdenken anregende Studie bietet wertvolle Einblicke nicht nur, wie die Medikalisierung zu diesem Punkt gekommen ist, sondern auch, wie sie sich weiterentwickeln kann.